Die Experten-Laien-Kommunikation wird beispielhaft zwischen einem Architekten und einem Bauherren ohne Bauerfahung (Bau-Laie) erläutert. Die Position des Architekten ist auch für jede andere Planer in der „Bau-Expertenrolle“ gültig und kann daher sinngemäss ausgetauscht werden.

Die Architektur an sich ist Kommunikation, da ein Architektur-Projekt immer Emotionen weckt! Daher ist auch die Kommunikation mit dem Auftraggeber ein integraler Bestandteil des Entwurfprozesses. d.h. diese spielt für die Entwicklung der Architektur eine zentrale Rolle.

Bei der Auftragserteilung durch einen Bau-Laien, sollte der Projektleiter zwingend darauf achten, dass das Projekt von seinem Auftraggeber auch verstanden und akzeptiert wird. Hierfür ist es wichtig, dass er sich bereits ab dem Erstgespräch auf die Wünsche und Erwartungen des Bauherren einstellen kann und entsprechend überzeugend und koordinierend agiert, denn: ohne Bauherren-Einverständnis gibt es keine Projektrealisierung!

Die Wissensstände beider über das Bauwesen, als Basis Ihrer Diskussion, sind im direkten Vergleich unterschiedlich bezüglich

  • Sachwissen über Architektur
  • Wahrnehmung von Gebäuden
  • Präferenzurteile bzw. „Vorlieben“ bei Gebäuden

 

Im Rahmen der Experten-Laien-Kommunikation sollte sich der Architekt als Experte in seiner Kommunikation von Anfang an auf den Bau-Laien einstellen, d.h. den Wissenshintergrund des Bauherren abschätzen, die Unterschiede in der Kommunikation erkennen, ihm entsprechend seines Wissensstand „abholen“ und das Bauherren-Wissen von dort aus „weiterentwickeln“. Es ist essentiell, dass der Architekt seine Fachsprache auf das Niveau seines Zuhörers anpasst. Nur auf diese Art und Weise kann er überhaupt die Bedürfnisse des Bau-Laien „abholen“ und im Entwurfsprozess mitberücksichtigen. Umgekehrt kann sich der Bau-Laie aber nicht in die Rolle des Architekten versetzen.

 

Der Kommunikationsprozess

 

Letztendlich bedeutet eine durchstrukturierte Kommunikation des Architekten weniger Raum für Spekulationen und Missverständnisse auf Seiten des Auftraggebers. Zugleich stärkt diese die Akzeptanz und Einstellung des Bauherren gegenüber dem Projekt und wirkt dem Klischee entgegen, dass der Architekt „nur“ an der Ästhetik der Baute und weniger auf Funktionalität und Ökonomie interessiert ist.

 

1 Projekt – 2 Haltungen

 

Unabhängig von einem Thema, zu welchem der Bau-Laie einen Entscheid zu treffen hat, ist es sehr davon abhängig, auf welche Art und Weise der Architekt ihn darauf vorbereitet. Es ist nachvollziehbar, dass sich die Wahrscheinlichkeit für eine Zustimmung des Auftraggebers vom grundsätzlich erhöht, wenn er vorgängig vom Bau-Experten die notwendigen Informationen zur Beurteilung einer Situation erhalten hat und sich im Entscheidungsprozess miteinbezogen fühlt.

Es gibt unterschiedliche Stufen der Einbeziehung in die Entscheide, welche nach Johnstatt wie folgt unterschieden werden:

Stufen der Einbeziehung

Da es sich bei der Projektierung eines Objektes immer um einen Prozess handelt, ist es wichtig, dass der Bau-Experte den „richtigen Zeitpunkt“ für den Miteinbezug des Bau-Laien nicht verpasst.

 

Bei einer Projektpräsentation mit dem Bau-Laien ist das Projekt nicht zwingend selbsterklärend. Daher sollte der Architekt jedes Element des Entwurfes mit schlüssigen Argumenten beschreiben können, damit die planerischen Entscheidungen nachvollziehbar und als folgerichtig vom Auftraggeber akzeptiert werden.
Oft stellt das fehlende Vorstellungsvermögen das Bau-Laien auch eine grosse Hürde dar, welche die Nachvollziehbarkeit eines Gedanken behindert bzw. erheblich erschwert.
In der Euphorie der Projektpräsentation besteht latent die Gefahr bis in das letzte Detail zu erklären. Dies birgt die Gefahr die Auftraggeber zu überfordern oder sogar Missverständnisse zu evozieren und daher empfiehlt es sich auf die wesentlichen Gesichtspunkte zu konzentrieren ohne die Verwendung komplizierter Fachbegriffe.

 

4-Ohren-Modell

Bei diesem Beispiel zum 4-Ohren-Modell ergab sich die unvorhergesehene Situation in einer Bauherren-Sitzung, dass der Architekt über die aktuell laufenden konstruktiven Detail-Vorabklärungen mit Unternehmern informierte. Hierzu skizzierte er spontan sogar die konstruktive Problemstellung auf. In der Hauptsache wollte er mit diesen Ausführungen die Komplexität des Bauvorhabens erklären und dadurch auch die zuvor kommunizierte Terminplanung legitimieren. Die Bau-Laien waren mit den Erklärungen absolut überfordert und schlussendlich sogar beunruhigt, da diese Problemstellung für Sie unlösbar erschien. Der Architekt hatte mit dieser Reaktion nicht gerechnet,  da es für ihn eine alltägliche und lösbare Situation in seinem Berufsalltag darstellt. Die beabsichtigte bzw. „gesendete“ Nachricht vom Experten kam somit nicht wie gewünscht an den Empfänger, d.h. dem Laien an.

 

Der Bau-Laie an sich stellt grundsätzlich kein Hindernis dar, um qualitätsvolle Projekte zu realisieren. Es ist zentrale Aufgabe des Projektleiters als Experte die definierten Projektziele und damit den Projekterfolg auch durch seine Kommunikation dem Laien gegenüber anzusteuern. Als Grundlage hierfür sollte er auf dessen Bedürfnisse Rücksicht nehmen und sich je nach Notwendigkeit auch in die Laien-Perspektive hineinversetzen können, um ihn in seiner Sichtweise besser nachvollziehen zu können.
Letztendlich at der Experte es durch die Kommunikation selbst in der Hand, welches Bild sich der Laie von ihm macht. Im Idealfall findet der Architekt aufgrund seiner fachlichen und sozialen Qualifikationen (Wissen und Können) gemeinsam mit dem Bauherren eine Lösung, welche die Bedürfnisse des zukünftigen Nutzers besonders erfüllt, als dieser sich das vorher überhaupt hätte verstellen können.

Quelle: Auszug aus „Leitfaden für die Kommunikation mit Bau-Laien in den Projektierungsphasen nach SIA 102 (2003) von Gianni Arcangioli (23.05.2014)

 

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