Bedeutung von Schattensimulationen
Die Bedeutung von präzisen Schattensimulationen in der Projektkommunikation hat stark zugenommen. Eine Hauptursache ist wohl darin zu finden, dass grössere Planungsprojekte immer häufiger im Fokus kritischer Beachtung stehen. Die Bevölkerung ist heute wach und sensibilisiert, im Allgemeinen auch besser informiert und kompetenter in ihren diesbezüglichen Fragestellungen.

Anwendungen
Schattensimulationen werden v.a. in folgenden Situationen erstellt:

Wenn sie innerhalb eines Baubewilligungsverfahrens gesetzlich vorgeschrieben sind.
Zur Überprüfung der Beschattung der bestehenden Nachbarvolumen durch ein Neubauprojekt.
Zur präventiven Information der bestehenden Nachbarschaft eines Neubauprojektes.
Zur Überprüfung der Beschattung des Neubauprojektes durch die bestehenden Nachbarvolumen.
Zur Überprüfung des Schattenwurfes eines geplanten Gebäudes auf sich selbst (Selbstbeschattung)

Gesetzliche Vorschriften
Für Bauvorhaben, welche besondere Planungsinstrumente – insbesondere Arealüberbauungen und andere Gestaltungsplanungen – beanspruchen, können Schattenberechnungen verlangt werden. Dasselbe kann auch für Bauten ab einer gewissen Höhe bzw. Hochhäuser gelten. Einheitliche Regelungen bestehen in der Schweiz nicht, vielmehr herrscht diesbezüglich eine föderalistische Vielfalt. Dies betrifft sowohl die Umstände, in welchen eine Schattenberechnung zu erfolgen hat, wie auch deren Art und Weise sowie den Umfang.
Im Rahmen von Baubewilligungsverfahren kann auch von der entsprechenden Baubehörde eine Aufzeichnung der Schattenwürfe eines geplanten Gebäudes verlangt werden, wenn z.B. Einsprachen gegen ein Bauvorhaben durch Eigentümer von Nachbarliegenschaften vorliegen.

Schattensimulationen in der Planungsphase
Andererseits kann jedoch auch schon von der Architektenseite her zum Vornherein für ein geplantes Bauvorhaben die voraussichtliche Beschattung von oder durch existierende Bauten simuliert werden, um dies in den Entwurf einfliessen zu lassen. Diese Überlegungen treffen wir in der Schweiz erstaunlich selten an – ganz im Gegensatz zum benachbarten Ausland.


Natürlich interessiert auch die direkte Besonnung eines geplanten Gebäudes. So kann das Wissen um die Sonneneinstrahlungs-Verhältnisse Auswirkungen auf die geografische Ausrichtung eines geplanten Gebäudes, oder seine Einbettung in der Topografie haben. Grosse Wichtigkeit kann auch die Überprüfung von direkter Sonneneinstrahlung im Rauminnern haben: Oftmals steht hier eine unerwünschte Sonneneinstrahlung im Zentrum des Interesses. Geplante Beschattungselemente an der Gebäudehülle können so auf ihre Tauglichkeit untersucht werden.

Der „mittlere Wintertag“ und der „mittlere Sommertag“
Wenn keine genauen Vorgaben existieren, steht sicher die Simulation des Sonnenverlaufes während der Tag-undnachtgleiche (Äquinoktium) – als quasi „mittlerer Jahrestag“ – im Vordergrund. Die Berechnung der Extrema – 21. Dezember (kürzester Tag) und 21. Juni (längster Tag) – ist bezüglich ihrer Aussagekraft zur Beurteilung einer konkreten Planungssituation nur bedingt sinnvoll.
Bessere Dienste erweisen hierbei die Schattensimulationen an einem sogenannten „mittleren Wintertag“ (2. November oder 8. Februar) bzw. an einem „mittleren Sommertag“ (30. Mai oder 22. August). Die Darstellungen dieser Tage bieten für einen bestimmten Zeitraum eine allgemeine Aussagekraft.

Der „2-Stunden-Schatten“
Der 2-Stunden-Schatten ist ein weiterer Begriff, der im Zusammenhang mit Schattensimulationen immer wieder auftaucht, deshalb soll er hier kurz erläutert werden. Der Ursprung des Begriffs liegt in einer Bestimmung von 1967 aus dem Kanton Zürich, welche besagt, dass Hochhäuser (d.h. Bauten über 25m Höhe) die Nachbarschaft, insbesondere Wohnzonen und Wohnbauten, durch ihren Schattenwurf nicht wesentlich beeinträchtigen dürfen. Eine wesentliche Beeinträchtigung liegt vor, wenn an einem „mittleren Wintertag“ (vgl. oben) das geplante Projekt 2 oder mehr Stunden zusätzliche Beschattung im Zeitrahmen von 08.00 bis 16.00 Uhr verursacht. Bei bebauten Grundstücken ist dabei der Fusspunkt der bestehenden Bauten relevant.

Alternativen zur Computersimulation
Als konventionelle Technik zur manuellen Konstruktion von Schattensimulationen dienen noch heute Schattenlängen-Diagramme, deren Informationen – nach Datum und Uhrzeit – in einen Grundriss eines geplanten Gebäudes übertragen werden und die Konstruktion des Schattenbildes auf dem Baugrund als Aufsicht erlauben. Der Aufwand zur Konstruktion eines einzelnen Sonnenstandes mag dabei für einfachere Objekte noch vertretbar sein. Oftmals sind jedoch ganze Bildserien (Tagesdurchgänge) zu verschiedenen Stichtagen gefragt. Erschwerend ist auch die Berücksichtigung der Topografie auf dem Baugelände und die horizontale Verschiebung von Gebäudeteilen zueinander, wenn mit dieser konventionellen Methode gearbeitet wird. Ebenfalls nicht unwesentlich ist die unpräzise Grundlage der vereinfachten Schattenlängen-Diagramme.

Grenzen der Schattensimulation
Wie eingangs erwähnt, steht bei der Schattensimulation nur die Unterscheidung zwischen belichteten und beschatteten Objektflächen im Zentrum des Interesses. Diffuslichtverteilungen bleiben in der Regel ebenso unberücksichtigt wie Energieeinstrahlungen durch das Sonnenlicht. Insbesondere bei der Beurteilung der direkten Sonneneinstrahlung in Innenräume ist dieser Beschränkung besondere Beachtung zu schenken. Oft wird die direkte Sonneneinstrahlung mit einer Berechnung der Diffuslichtverteilung kombiniert, da ein Gesamteindruck der Taglichtverteilung im Raum gewünscht wird.

Neben der Sicherheit bezüglich der Softwaregrundlagen sollten die wenigen relevanten Grundbegriffe sowie die Zusammenhänge für das Zustandekommen von Tageszeiten und Jahreszeiten bekannt sein.

Glossar

AzimutHorizontaler Sonnenwinkel in Abweichung der geografischen Südrichtung.
ElevationVertikaler Sonnenwinkel über dem Horizont.
ÄquinoktiumTagundnachtgleiche, jeweils um den 21. März und um den 23.
LokalzeitAm Sonnenstand gemessene, effektive Zeitmessung.
ZonenzeitPraktische Zeitmessung nach Zeitzonen für jeweils 15 Längengrade.
UT, GMTStundenabweichungen von UT, bzw. GMT angegeben.
Greenwich ist eine Stadt in England und liegt genau auf dem 0-Meridian (Längengrad).

Quelle: http://visualisierung.ch/wp/fachartikel-schattensimulation-in-planung-und-architektur/ (25.08.2017)


Download

Schatten-Konstruktionshilfen

VORLAGE: Sonnenkreis (JPG, 149 KB)

VORLAGE: Schattendiagram der Schweiz (JPG, 132 KB)

Schattenlänge und Schattenrichtung berechnen (Online-Tool)

Artikel  

Erläuterungen zum 2 Stunden Schatten (PDF, 92 KB)

Überlegungen zum Schattenwurf (PDF, 278 KB)

 

 

Hilfreich? Teile den Inhalt mit Deinen Kollegen und Freunden

Welche Erfahrung hast Du gemacht? Teile es mit uns...

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert